Der digitale Wandel für Unternehmen geht kontinuierlich weiter. Zwangsläufig. Seit Beginn der Corona-Pandemie sind viele Unternehmen bereits auf neue, digitale Unternehmensprozesse umgestiegen. Teils aus der Not geboren, teils bereits länger geplant. Doch trotz oft erfolgreich etablierter, digitaler Strukturen, zeigen viele Studien auf, dass es sich nicht empfiehlt, bei der KMU Digitalisierung nach Etablierung von Standardprozessen aufzuhören. Hier gilt proaktives Weiterdenken als Devise, um den Anschluss zu halten oder die eigene Marktposition im Mittelstand weiter auszubauen.
Warum ist digitale Transformation wichtig?
Warum ist Digitalisierung wichtig für Unternehmen? Zu Beginn der COVID 19 Pandemie war für viele Unternehmen meist klar, wo wichtiger Digitalisierungsbedarf bestand. Z. B. beim Thema Kollaborationstools und digitalisierte Briefpost. Kurz danach deutete sich in vielen Unternehmen allerdings wieder digitale Stagnation nach dem Nehmen der ersten Digitalisierungshürden an. Dies birgt das Risiko, voranschreitende technologische Entwicklungen wieder übersehen. Auch die eigene Digitalkompetenz am Markt wird ohne fundierte Selbstanalyse oft überschätzt. Laut Rainer Brenner von SpringerProfessional sind “Digitale Transformation” und “Industrie 4.0”, bzw. “Büro 4.0”, die relevanten Buzzwords der Wirtschaft. Für kleine und mittlere Unternehmen hingegen sind sie oft Terra incognita - unbekanntes Land. Was hinter diesen Begriffen steckt und was sie bedeuten, bleibt für KMU oftmals unklar. Die im Artikel aufgeführten Statistiken zeigen, dass KMU, anders als Großkonzerne, sich oft nicht über den eigenen digitalen Rückstand im Klaren sind. Ungenutzte Potenziale werden daher meist gar nicht realisieren. Daher soll das von uns vorgestellte Framework zur Digitalisierung von KMU auch ein Verständnis zur Notwendigkeit der Überprüfung des eigenen digitalen Reifegrads schaffen sowie Sie in die Lage versetzen, innerhalb kurzer Zeit hands-on die Baustellen im eigenen Unternehmen zu identifizieren.
Mit der sogenannten ACT-Methode (Analyse, Create, Transform) des Kompetenzzentrums Digitale Transformation an der Wirtschafts-FH Nordwestschweiz (FHNW), in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Strategylab, lässt sich gezielt für 7 verschiedene Unternehmensbereiche der eigene Digitalisierungsstand analysieren. Anpassungsmaßnahmen lassen sich mit dem Digitalisierungsframework anschließend aus den identifizierten Bereichen ableiten. Innerhalb der Studie wurde neben der Entwicklung eines Frameworks zur Digitalisierung des Mittelstands auch der digitale KMU Reifegrads in der Schweiz von über 1.800 Teilnehmern aus verschiedensten Branchen erhoben. Diese Studie lässt sich auch als Anhaltspunkt auf den deutschen Markt übertragen.
Forschungsergebnisse Digitalisierungsstand KMU in der Schweiz 🔎❔
- 24% aller KMU führen nie, 24% alle 2-3 Jahre oder seltener, 52% mindestens 1x pro Jahr eine Marktanalyse durch
- 50% der KMU verfügen über eine Digitalstrategie (7% separat sowie 43% als Bestandteil der Unternehmens- oder IT-Strategie)
- 56% aller KMU denken, dass sie die eigenen Unternehmensstrategien aufgrund der digitalen Transformation weiter anpassen müssen
- 34% aller KMU fühlen sich durch digitale Strategien der Konkurrenz bedroht.
- 44% aller KMU sind mit ihrem Digitalisierungsfortschritt unzufrieden
Quelle: FHNW & Strategylab
In Deutschland zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. In einer Umfrage von Ernst & Young aus 2019, mit 1.500 Unternehmen, gaben 66% der Unternehmen aus dem Mittelstand an, dass eine digitale Transformation für das eigene Geschäftsmodell inzwischen eine mittelgroße bis sehr große Rolle spielt. Ein Jahr zuvor lag der Anteil noch bei 60 Prozent. Stand 2019 sagten nur noch sechs Prozent der Unternehmen, dass digitale Technologien für ihr Business gar keine Rolle spielen. Dieser Anteil war im Jahr zuvor noch mehr als doppelt so hoch.
Wichtig zu verstehen ist, dass die digitale Transformation des Unternehmens in den meisten Fällen keine Digitalisierungsstufe ist, die ein- oder zweimal genommen werden muss. Digitalisierung und digitale Transformation in Unternehmen ist ein stetiger Prozess. Mit den richtigen Abläufen und Routinen lässt sich dieser leicht kontinuierlich umsetzen lässt. Außerdem empfiehlt es sich, eine digitale Transformation planbar zu gestalten, statt nur auf verändernde Marktbedingungen zu reagieren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in vielen mittelständischen Unternehmen Digitalisierung aus dem Bauch heraus betrieben wird. Das kann in Teilen gut funktionieren, macht die Entscheidung und Priorisierung der anzugehenden Baustellen aber schwieriger. Hilfreich ist ein Framework zur Unterstützung der Entscheidungen auf dem Weg ins digitale Büro 4.0.
Warum KMU Digitalisierung strategisch angehen? 💡
Wenn es darum geht, weitere Ansatzpunkte für die Digitalisierung im Mittelstand zu finden, tun sich viele KMU oft schwer. Oft besteht hier, anders als in anderen Geschäftsbereichen, keine klare Strategie. Digitalisierung in KMU kann sich daher oft wie eine Nebelwanderung anfühlen.
Es fehlt zusätzlich oft nicht mal das Bewusstsein, dass ein digitaler Wandel aufgrund des technologischen Fortschritts notwendig ist. Meist fehlt es an einem klaren Konzept, wie eine digitale Unternehmenstransformation erfolgreich und zielorientiert gestaltet werden kann. Darüber hinaus fehlt auch oft die Erfahrung oder Zeit, um ein digitales Geschäftsmodell zu entwickeln, geeignete Umsetzungspartner zu finden oder eine Roadmap zu entwerfen.
Mit der ACT-Methode zeigen wir, wie Sie digitale Prozessoptimierung im Unternehmen betreiben können. Indem Sie verschiedene Handlungsbereiche (nicht Abteilungen) Ihres Unternehmens, wie Customer Centricity, Process Engineering oder Digital Leadership & Cultur analysieren, interne Prozesse optimieren und strukturiert begleiten. Bei Softwareanschaffungen in KMU ist es relevant, eine unternehmensübergreifende digitale Strategie zu entwickeln und die Auswahl der Technologien daran auszurichten. Statt sich nur von 2 sich gegenüberstehenden Faktoren, wie Funktionsumfang oder Preis leiten zu lassen. Die Kombination aller Tools sollte für ein optimales digitales Ökosystem bestmöglich ineinandergreifen. Ähnlich verhält es sich bei Unternehmensprozessen. Auch diese sollen ineinandergreifen.
Die ACT-Methode soll für die KMU Digitalisierung eine Hilfestellung liefern, um Digitalisierungsentscheidungen, basierend auf identifizierbaren Baustellen zu treffen. Das Forschungsprojekt wurde von verschiedenen Partnern, primär aus der Schweiz stammend (Bank WIR, AECS Swisscard, Lenovo, Swiss Export, digitalswitzerland) sowie von verschiedenen Autorinnen und Autoren unterstützt. Es wurde bereits auf mehreren Konferenzen an Praxisbeispielen als effizientes Planungstool vorgestellt.
Wie kann digitale Transformation erfolgreich umgesetzt werden? Die ACT-Methode als hands on Framework zum digitalen Wandel. 🎓
In der Studie der FHNW zur digitalen Transformation wurden folgende 7 Handlungsfelder zur Entwicklung einer strategischen Unternehmenstransformation identifiziert. Die Handlungsfelder basieren nicht auf verschiedenen Unternehmensbereichen, sondern erstrecken sich auf abteilungsübergreifende Gesamtbereiche. So wird ein unternehmensweiter Handlungsansatz sichergestellt.
- Digital Business Development
Neue Strategien und Geschäftsmodelle - Customer Centricity
Fokus: Konstante Kundenorientierung - New Technologies
Apps, IoT (Internet of Things), Büro 4.0, IT-Sicherheit - Data and Cloud
Neue Insights aus Daten und Kooperationsplattformen - Digital Leadership & Culture
Neue Ansätze in Führung, Kultur und Arbeit - Process Engineering
Optimierte Arbeitsabläufe und Automationen - Digital Marketing
Neue Marketing Plattformen und Kanäle
Innerhalb der 7 Handlungsbereiche lassen sich im der Status Quo und der vorliegende Handlungsbedarf identifizieren. Somit werden Teilbereiche weniger leicht übersehen, falls hier aus Selbstverständlichkeit kein Digitalisierungsbedarf vermutet wird. Haben Sie Ihre Baustellen identifiziert, können Sie sich ggf. zum Thema "Fördermittel digitale Transformation" informieren.
Die ACT-Methode basiert zusätzlich auf 3 zeitversetzten Kernphasen zur strategischen KMU-Digitalisierung:
- Analyse: Analyse der Marktsituation + Erwartungen von Kunden, Konkurrenz, Umweltfaktoren, Technologietrends, digitale Maturitätsanalyse
- Create: Vision weiterentwickeln, basierend auf eigenen Kernkompetenzen, Geschäftsmodell und Marktsituation
- Transform: Digitale Strategie-Roadmap basierend auf turnusmäßiger Bewertung, Change Management, Controlling und kontinuierliche Adaption zur Steigerung der strategischen Business-Flexibilität
Jede Phase der ACT-Methode umfasst, wie oben erwähnt, 7 Handlungsfelder zur digitalen Transformation mit den dazugehörigen strategischen Themen. Diese unterteilen sich in 3 Fortschrittsphasen. So lassen sich die Herausforderungen der Digitalisierung für KMU unternehmensintern ohne großen, externen Beratungsaufwand (ohne digitales Consulting) gezielt angehen. Teilerfolge lassen sich in vielen Bereichen messen (Produktionskosten, Kosten von Arbeitsprozessen) und lassen sich auf die vorgenommenen Anpassungen zurückführen. Durch regelmäßige Evaluationsschleifen werden Geschäftsmodelle weiter optimiert. Den Business Canvas zur ACT-Methode können Sie auch über einen digitalen Fragebogen unter digital-strategy-check.ch innerhalb weniger Minuten kostenlos ausfüllen. Anschließend lassen sich alle Ergebnisse dann in weiterführenden Meetings analysieren und adaptieren. Nach Ausfüllen der Umfrage haben Sie den Business Canvas zur ACT-Methode bereits für die wichtigsten Geschäftsmodell-Kernbereiche ausgefüllt.
Wie sich Digitalisierung im Mittelstand konkret innerhalb weniger Meetings bereits in vielen Bereichen umsetzen lässt, zeigt das Praxisbeispiel der untenstehenden Grafik.
Das aufgezeigte Framework verdeutlicht, wie sich eine Digitalisierung im Büro mit wenigen Schritten strategisch und planbar erreichen lässt. Die gesamte Publikation mit Forschungsresultaten, Fallstudien und Strategievorlagen sowie einem Workshop-Canvas zur ACT-Methode kann unter www.strategische-transformation.ch heruntergeladen werden. Auf den genannten Seiten finden Sie weitere Handlungsempfehlungen, um die ACT-Methode für Ihr Unternehmen anzuwenden.
Unterschied Digitalisierung und digitale Transformation
Digitale Transformation und Digitalisierung werden oft als Synonyme verwendet. Was ist der Unterschied? Digitalisierung beschreibt den Prozess um analoge Medien in digitale Formate durch Technologie bzw. Software umzuwandeln. Beispiele zur Digitalisierung sind die Umwandlung von Schallplattenaufnahmen in digitale MP3 Dateien oder auch das Scannen von Paper und Ausdrucken mithilfe von OCR Technologie (optical-character-recognition). Dabei werden die Inhalte auf dem Papier ausgelesen, durch Software interpretiert und in eine digitale Version umgewandelt. Dieses Abbilden von Informationen in 0 und 1 Versionen wird dementsprechend Digitalisierung genannt.
Die Digitalisierung wird auch oft als Synonym für Automatisierung verwendet. Durch Digitalisierung im Mittelstand ist es möglich, Prozesse einfach digital abzubilden oder sie zu automatisieren. Wenn es um Automatisierung geht, wird häufig der Begriff Robotic Process Automation verwendet. Beispiele sind z. B. das automatische Übertragen von Rechnungsinformationen aus digitalisierter Post in angeschlossene Buchhaltungstools.
Wenn es um die digitale Transformation geht werden auch die Geschäftsbereiche und ihre Prozesse betrachtet. Das Verständnis geht aber weit über die reine Digitalisierung und Anpassung an neue digitale Technologien hinaus. Beispiele für digitale Transformation im Mittelstand sind neue Lösungen die gesucht werden oder Probleme, die mit Hilfe von Technologie neu aufgerollt und effizienter gelöst werden.
So wird bei der Digitalisierung der Briefpost durch CAYA ein Ausdruck nicht nur einfach digitalisiert sondern es eröffnen sich eine Vielzahl an weiteren Nutzungsmöglichkeiten. So lassen sich Dokumente dank Volltextsuche auf Schlagworte durchsuchen. Darüber hinaus werden Briefe mit Schlagworten zum effizienteren Dokumentenmanagement versehen. Eine Rechnung wird z. B. automatisch als solche erkannt und automatisch mit Tags dazu versehen. Sucht man nach dem Begriff Rechnung sind alle erhaltenen Rechnungen auf einen Blick in Sekunden einsehbar.
Digitale Transformation Mittelstand: Passendes Umfeld und positive Firmenkultur
Digitale Transformation als KMU passiert in allen Handlungsfeldern eines Unternehmens. Nicht nur in einzelnen Abteilungen. Mit dem vorgestellten Framework haben wir uns vor allem auf das digitale Büro fokussiert. Natürlich sind auch andere Bereich verschiedenster Unternehmen stark mit einem Digitalisierungsvorteil verknüpft, wie z. B. Kundenservice, Produktion oder auch Produktentwicklung. Laut dem Branchenmedium für Digitalisierung morethandigital ist es wichtig, bei der Digitalisierung Menschen statt Technologie primär in den Mittelpunkt zu stellen. Konkret Mitarbeiter und vor allem Kunden. Eine entsprechend für äußere Einflüsse offene Unternehmenskultur ermöglicht, auf Probleme und Anregungen von ihnen gezielter eingehen zu können.
Ein expliziter Fokus auf Menschen und Kunden kann auch dafür sorgen, dass im Prozess der eigenen digitalen Transformation weniger intern gekämpft wird. Der Fokus kann mehr darauf gelegt werden, wie digitale Transformation Unternehmen effizienter macht und ein letztlich auch ein besseres Kundenerlebnis bieten kann. Ein gemeinsames Ziel eint in diesem Fall stärker und sorgt dafür, gezielter bessere Erlebnisse für zufriedene Kunden zu schaffen. Laut morethandigital sind vor allem 6 Faktoren relevant für eine erfolgreiche Mittelstandsdigitalisierung.
- Dringlichkeit für Veränderung kommunizieren
- Ungewissheit als Chancen: Eigenen Stärken sollen Roadmap gestalten
- Fehlerkultur zulassen und zelebrieren
- Neue Perspektiven einbringen
- Auf Kunden hören - Kundenservice, Umfragen etc
- Starke Partnerschaften aufbauen (innovative Partner)
Übrigens 📎: Wie Sie Digitalisierungsthemen argumentativ im Unternehmen vertreten und einführen können, verraten wir in unserem Artikel zur schrittweisen Prozessoptimierung für KMU. Einen Einblick in Managment Philosophien für KMU finden Sie in unserem Artikel zum Thema Lean Management Methoden.
Quellen:
https://digital-magazin.de/unternehmen-digitalisieren-aus-dem-bauch-heraus/
https://innovators-guide.ch/2021/08/kmu-strategien-im-digitalen-zeitalter-ungenutzte-potenziale-fuer-die-strategische-transformation/
https://www.ey.com/de_de/news/2019/06/digitalisierung-der-zwei-geschwindigkeiten-im-mittelstand
https://strategylab.net/
https://www.springerprofessional.de/transformation/unternehmensfuehrung/wie-kmu-die-digitalisierung-gelingt/16588062
https://morethandigital.info/